fiANNA
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Den Rest des Tages und den nächsten Vormittag rumpelten wir dann über unbeschreiblich schlechte Straßen. Ich hatte schon Angst das Clarissa die Reise storniert und mich alleine der Usbekischen Steppe überlässt. Unser Ziel war der Aralsee, die Aralwüste. So die heutige offizielle Schreibweise. Es gibt sowohl auf usbekischer wie auf kasachischer Seite jeweils einen kleinen Rest des Aralsees . Der usbekische Teil trocknet immer weiter aus und wird bald ganz verschwunden sein. Den Kasachischen versucht man durch Einspeisung von Wasser des Syrdarja (ehemaliger Zufluss auf kasachischer Seite) zu erhalten.
Timo suchte eine Pistenanfahrt zum Aralsees aus, um der grauenhaften Straße zu entfliehen. Die Pistenfahrt zum und das Erlebnis am und auf dem Grunde des Aralsees waren ein weiterer Höhepunkt  unserer bisherigen Reise. An der ehemaligen Küstenlinie zu Stehen und in dieses endlose weite Tal zu Blicken ist schaurig und schön zu gleich. Dort wo wir standen, blickten wir auf wunderschöne Felsformationen.


Aber das Wasser…..
Wie kann nur so unvorstellbar viel Wasser in einer Generation verschwinden. Da standen wir nun und waren sprachlos über das was der Mensch anrichten kann.
Über den Seegrund ging es nach Moynaq dem ehemaligen südlichen Hafen des Aralsees. Der Schiffsfriedhof von Moynaq hat ja inzwischen traurige Berühmtheit erlangt.


Von hier aus werden wir dann erst einmal einer alten berühmten Handelsroute, seit dem 19.Jhd Seidenstraße genannt, folgen. In der ersten dieser Oasenstädte und Handelsstützpunkte, in Chiwa sind wir nun angelangt. 

Die Temperaturen bewegen sich leicht über 40 Grad was uns Mitteleuropäer schon etwas schlaucht. Bianka, Timo und Clarissa sind erkältet und so haben wir hier erst einmal einen etwas längeren Stop eingelegt. Die historische Altstadt von Chiwa ist wunderschön eine echte Filmkulisse. 

Die Stadtmauer ist komplett erhalten und alles ist in Lehmbauweise ausgeführt. Gestern Abend waren wir in der Altstadt. Es war gut auszuhalten obwohl es noch weit über 30 Grad waren. Als wir durch eines der Stadttore die Altstadt verließen floß der Schweiß sofort in Strömen. Hier ist zu spüren wie Klimagerechtes Bauen geht. Auch ohne Klimaanlagen. Wobei gesagt sein muß das es diese hier in Usbekistan natürlich auch in Hülle und Fülle gibt.


12.06.2024
Zu der Benennung Seidenstraße sei noch einmal erwähnt, das dies eine recht neue Bezeichnung für alte Handelsstraßen/Karawanenstraßen von und nach China ist. Dieser Name wurde 1877 von einem Deutschen Geografen erstmalig gebraucht. Heute ist dieser Name in aller Munde. Es gibt auch nicht die eine Seidenstraße, sondern viele verschiedene Routen, welche sich im Laufe der Jahrhunderte, je nach politischen Lagen und Kriegszuständen, immer wieder verlagert haben. Der Teil der Seidenstraße, welchen wir gerade bereisen ist wohl mit Abstand das berühmteste Teilstück dieses alten Handelsweges. Hier  reihen sich berühmte, alte, traumhaft erhaltene Städte aneinander. Chiwa, Buchara, Samarkand und Taschkent. Namen welche fast jeder schon einmal gehört hat.
Nachdem wir Chiwa verlassen hatten verbrachten wir aber zuerst noch 2 Tage in der Wüste Kyzylkum. Wir suchten einige Wüstenstädte auf. Die meisten aus der Zeit der Choresmier. Davon soll es angeblich über Tausend  in dieser Wüste geben.
Vor einer dieser Städte übernachteten wir. Was für eine Ruhe und Gelassenheit nach den 3 Tagen in dem doch recht geschäftigen Chiwa.  Die Krönung war dann der Sternenhimmel, nachdem es Dunkel wurde.


Bei der Fahrt in die Wüste, zeigte sich mal wieder wie klein die Welt doch ist. Wer kam uns entgegen?! Timo und Bianka. Wir hatten uns einen Tag vorher in Chiwa getrennt und uns 3 Tage später in Buchara wieder verabredet. Die beiden hatten eine Einladung etwas außerhalb von  Chiwa erhalten und dort übernachtet. Da Bianka kein Sonnenkind ist, war es ihr zu dieser Jahreszeit nicht kühl genug. So fuhren die beiden weiter in Richtung Buchara und wir in die Wüste. Außer den alten Wüstenstädten stießen wir auch auf  Reste aus der Zeit der Sowjetunion. Mehrere trockene Wasserkanäle, welche tiefer in die Wüste führten. Verlassene Siedlungen und eine Industriehalle mitten im Nirgendwo. 


Überbleibsel des Größenwahns, welcher den Aralsee verschwinden ließ. Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer und sagt mal eben ,was für ein Wahnsinn und Unfug die Menschen damals an der Natur angerichtet haben. Das hätten sie doch wissen müssen. Momentan lese ich viel von Tsching Aitmatow. Gerade die Klage des Zugvogels. Erzählungen von 1953-1965. Anscheinend war es damals wirklich so, dass die Menschen in der Sowietunion an den Fortschritt und die Beherrschung der Natur glaubten. Neulandpioniere, Traktoristen, Komsomolzen. Alles Traumberufe und Visionäre. In den ersten Jahren nach dem Krieg waren wohl in der Tat viele Menschen von dieser Idee begeistert und überzeugt.

Und nun sind wir in Buchara, „Die edle Metropole“ wie diese Stadt genannt wird. Wieder Tausend und eine Nacht. Etwas größer und weitläufiger als Chiwa. Timo hat einen Standplatz direkt vor den Befestigungsmauern der Zitadelle ausgesucht. Ruhiger als in Chiwa, obwohl auch mitten in der Stadt. Wieder tauchen wir ein in vergangene Jahrhunderte. In eine für uns Mitteleuropäer doch sehr fremde, faszinierende Welt. Im Gegensatz zu Marokko, Tunesien oder der Türkei ist auffallend, dass wir  nicht permanent angesprochen und mit supergünstigen Kaufangeboten überflutet werden. Die Menschen hier sind etwas zurückhaltender, was die meisten Europäer wohl als sehr angenehm empfinden.

Buchara ist übrigens die Heimatstadt von Hodscha Nasreddin. Dem Till Eulenspiegel des Orients. 

Es gibt köstliche Geschichtensammlungen über Nasredin. In der Türkei wo Nasredin auch sehr bekannt ist und verehrt wird, kauften wir uns einmal eine solche.


16.06.2024
Auf dem Weg von Buchara nach Samarkand machten wir noch einen Abstecher zu dem Aydarsee, an welchem wir nun den zweiten Tag stehen und Urlaub machen. Ein See der seine Existenz dem verschwinden des Aralsees zu verdanken hat. Hier in der Usbekischen Steppe entstanden manchmal in Wasserreichen Frühjahren kleine Seen welche dann im Sommer wieder austrockneten. In den 60er Jahren wurde der Sirdaryo, einer der beiden Zuflüsse des Aralsees, unmittelbar an der Usbekischen Grenze auf Kasachischer Seite aufgestaut, um genügend Wasser für den Baumwoll - und Reisanbau zu haben. 1969 einem extrem Regenreichen Jahr musste dieser Staudamm abgelassen werden weil er drohte zu brechen. Die Wassermassen sammelten sich hier und bildeten einen neuen See welcher mit einer Größe von 3500 Quadratkilometern und einer durchschnittlichen Tiefe von 12 Metern seitdem nicht mehr ausgetrocknet ist und seinen Pegel hält. Nun sitzen wir in der Steppe im Schatten, lesen und dösen so vor uns hin. Einfach abhängen. Wir sind froh das ein spürbarer Wind weht welcher es hier erträglich macht. Denn ein erfrischendes Bad im Aydarsee ist leider nicht möglich. Der See hat wirklich Badewasser Temperatur. Das haben wir so, auch noch nicht erlebt.


18.06.2024
Wir sind in der wohl berühmtesten Stadt der Seidenstraße Zentralasiens angekommen. Hier trafen wir wieder mit Bianka und Timo zusammen.
Samarkand, die einstige Hauptstadt des Timuridenreiches. Gegründet von dem legendären Tamerlan, oder Amir Timur, oder Timur Lenk. ( Sucht euch einen Namen aus, es ist immer die selbe Person).“ Des Planeten herrlichstes Antlitz“ wurde Samarkand in damaliger Zeit genannt. Hier sind die Bauten größer und Prunkvoller als in Chiwa und Buchara. Es sind auch mehr an der Zahl, weil Samarkand ca. 150 Jahre die Hauptstadt des Timuridenreiches war. Aber besser gefallen haben uns die ersteren beiden. In Chiwa und Buchara sind die Altstädte von Stadtmauern umgeben. Hier taucht man in eine andere Welt ein, sobald ein Stadttor durchschritten wird. In Samarkand liegen die alten Bauten zerstreut innerhalb der modernen Stadt. Man überquert ständig vierspurige, laute Straßen und muß weite Wege zurücklegen. Eine ganz andere Stimmung. Der Zauber des vergangenen ist immer nur kurz vorhanden.


Heute besuchten wir auch eine Teppichmanufaktur. Es werden dort Seiden- und Wollteppiche hergestellt. Alles Handarbeit. Wahnsinnig Zeitintensiv. Ein Seidenteppich von 2mx3m braucht je nach Muster 2 Jahre bis zur Fertigstellung.
Unser Stellplatz ist mitten in der Stadt etwas erhöht mit Blick auf den Registan von Samarkand, dem Wahrzeichen dieser Stadt. Hier wo wir stehen ist eine städtische Wasserstelle. Ununterbrochen fahren Tanklaster vor und werden von oben mit Wasser gefüllt. Wie früher die alten Dampflokomotiven. 

Wasser ist Leben. Usbekistan besteht größtenteils aus Wüste und Steppe.
Getreide, Baumwolle, Reis, Obst und Gemüse in großen Mengen anzubauen gelingt nur durch Bewässerung. Den Flüssen ,welche die Wüsten und Steppen in Kasachstan und Usbekistan stellenweise erblühen lassen, folgen wir nun schon seit dem Aralsee. Dieser ist für das Erblühen der Wüsten geopfert worden und nun selbst  Wüste. Alle diese Flüsse haben Ihren Ursprung im Pamir-Gebirge, im Fan-Gebirge, Tianshan, Alai und  Hindukusch. Das Schmelzwasser der Hochgebirgsgletscher dieser Regionen ist der Quell dieser Flüsse, die Daseinsberechtigung und der eigentliche Reichtum der Oasenstädte Samarkand, Chiwa und Buchara. Ohne dieses Wasser aus weit entfernten, für den Menschen größtenteils Lebensfeindlichen Hochgebirgsregionen gäbe es hier kaum Leben. Die Seidenstraße hätte einen anderen Verlauf und….und……und!
Aber dieser Reichtum Wasser ist eigentlich schon lange aufgebraucht und es werden immer neue Anleihen gemacht. Ein mittlerweile globales Problem. Hier in Usbekistan, wo es so gut wie kein eigenes Wasser gibt, fällt es besonders auf.

 
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