fiANNA
werkgemeinschaft


Heute Morgen ging es zur kasachischen Grenze. Wir überquerten einige Wolgaarme. Den letzten auf einer abenteuerlichen Fähre. Der eigentliche Übergang führte über eine Pontonbrücke, welche aber nur für 4t Fahrzeuge zugelassen ist. Vor der Grenze wieder einmal Kilometerlang LKW an LKW die auf die Abfertigung warteten. Wir passierten recht zügig beide Grenzen. In Kasachstan noch die Autoversicherung abgeschlossen und eine SIM Karte gekauft. Seit beginn unserer Reise werden wir das erstmal ein Land bereisen und nicht nur durchqueren.


23.05.2024
Mit dem Bereisen der Kasachischen Steppe ist es allerdings doch nicht so einfach. War die Fahrt durch die Kalmückensteppe in Russland noch neu und aufregend, so wird die Fahrt durch die Kasachische Steppe doch eintönig. Wir sind heute den zweiten Tag unterwegs und ich habe ständig Deja-vu Erlebnisse. Die einzige Abwechslung sind Kühe ,Schafe, Kamele und Ölpumpen. Letztere manchmal in riesigen Herden vertreten. Um der Eintönigkeit der Steppe zu entgehen werden wir die nächsten Tage die Halbinsel Manggystau am Kaspischen Meer erkunden. In Atyrau überquerten wir den Ural und reisten zum zweitenmal in Asien ein. Nun sind wir wieder 3 Std. vor Sechtemer Zeit. In Atyrau waren die Dämme entlang des Ural alle mit Erde und Sandsäcken erhöht. Der Fluß hat noch Hochwasser aber es scheint das Atyrau nicht das gleiche Schicksal wie andere Kasachische und Russische Städte Stromaufwärts erleiden musste.


26.05.2024
In der Stadt Dossor änderten wir nach über drei Wochen fahrt in Richtung Osten , das erste Mal unsere Ausrichtung. Wir fuhren nun nach Süden um auf die Halbinsel Mangyschlak am Kaspischen Meer zu gelangen. Immer noch  durchquerten wir die Steppe. Fast immer flach und nach wie vor kaum Abwechslung. Wir befinden uns ca. 245 Meter Ü.d.M. Doch bei Sayotesh ändert sich Schlagartig die Landschaft. Wir fahren abwärts auf den Grund eines Urzeitlichen ca.80 Millionen Jahre alten Meeres. Damals soll der Meeresspiegel ca. 170 Meter höher als heute gewesen sein. Eine Traumhafte Landschaft tat sich vor uns auf. Hier ist nicht mehr alles topfeben sondern ganz leicht hügelig mit bizarren Bergformationen. Die Bewohner des Meeresgrundes sind, wie auch in der Steppe, Kamele und Pferde. Kühe sind hier nur noch sehr vereinzelt anzutreffen. Es ist sehr schön anzuschauen wenn die Pferde und Kamele in kleinen Gruppen durch die Landschaft streifen und keine Zäune ihnen den Weg versperren. Die Kamele sehen zum Teil sehr komisch aus, da sie gerade Ihr Winterfell verlieren welches sich in grossen Stücken vom Körper löst. Diese Tiere sind die Ruhe selbst. Sie scheinen es nie eilig zu haben. Schreiten gemächlich durch die Lande, halten Siesta im Liegen und sind fast immer am Kauen.
Ganz anders die Pferde, welche viel schneller durch die Steppe ziehen und immer mal galoppieren oder traben. Da wir ja aufgebrochen sind um das kleine weiße Kamelfohlen, in der Mongolei und seine älteren Geschwister zu finden, haben wir natürlich öfter nachgefragt, ob eines der hiesigen Kamele etwas von dem kleinen weißen Kamelfohlen  gehört hat. Bisher vergeblich. Eine Kameldame meinte, wir sollten ganz im Norden Kasachstans noch einmal nachfragen. Dort wüßten die Kamele über Ihre Verwandten in der Mongolei bescheid.
Inmitten einer Gruppe dieser fantastischen Bergformationen schlugen wir unser Lager auf, machten eine kleine Wanderung und genossen das märchenhafte Panorama und die Ruhe.
Bis, ja, bis vier bepackte Geländewagen des Weges kamen und anstatt vorbeizufahren fuhren alle zielstrebig die Anhöhe ,auf welcher wir Standen, hinauf und hielten rund um uns herum an. Clarissa und ich saßen draußen neben dem Duro auf unseren Klappstühlen und waren erst einmal sprachlos. Salem Alleikum  begrüßte uns der erste Herr, um dann in Deutsch fortzufahren. Mittlerweile waren alle Fenster heruntergekurbelt, (nee, kurbeln tut heute keiner mehr) und mehrere Menschen ausgestiegen. Es war eine Deutsche Reisegruppe. Ihr Reiseleiter ein Kasache hatte uns gesehen und gesagt: „Da sitzten welche auf Klappstühlen neben dem Auto, das müssen Deutsche oder Österreicher sein.“ So fuhr er kurz entschlossen auf die Anhöhe und der Rest folgte. Es prasselten Fragen auf uns ein und Gespräche unter „Overländern" wurden geführt. Irgendwie war es ganz net und nach 20 Minuten sprangen alle in die Autos und der Spuk war vorbei.
Gestern war der erste Tag, an dem alles ganz gemächlich von statten ging. Wir hatten kein Tagesziel, mussten keine Strecke machen. Das Reisen kann beginnen.


Heute fuhren wir weiter durch Landschaftlich schöne Gegenden bis zum Kaspischen Meer. Dort stehen wir jetzt und hören den Wellen zu. Wir stehen 19m unter dem Meeresspiegel. Dass, das Kaspische "Meer" unterhalb des Meeresspiegel liegt ,lernte ich auch erst während unserer Reise  - Wie heißt es so schön: Reisen bildet - Wie wahr!!


 28.05.2024
Einsame Pisten, einsame Strände. Fantastische Schluchten, Ölförderpumpen ( Tiefpumpen)
und jede Menge alte Friedhöfe. Touristisch ist auf Mangyschlak noch nicht viel gebacken. Es gibt gebuchte Geländewagenturen, aber noch keine großen Touristenkomplexe. Ohne den Ölreichtum auf der Halbinsel Mangyschlak und im Kaspischen Meer gäbe es auch die größeren Städte  hier nicht. Diese wurden ab Mitte der 60er Jahre nach den Ölfunden errichtet. Mittlerweile gibt es Pläne für große Tourismuskomplexe…… Mal sehen wohin die Reise geht.
Unsere Reise, jedenfalls, hat heute Ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. 116m unter dem Meeresspiegel. Dabei geht es noch ein paar Meter tiefer.  132m unter dem Meeresspiegel in der Karagije-Senke ist der Tiefste Punkt Kasachstans. Aber zunächst streben wir einem weiteren Höhepunkt, besser gesagt einem Highlight auf Mangyschlak zu. Dem Ustyurt-Plateau.


05.06.2024
Es ist einfach ein Traum durch die Wüstenlandschaft des Ustyurt- Plateaus zu fahren.  Diese Mischung aus Landschaftlicher Einzigartigkeit, die Einsamkeit und Ruhe, einfach faszinierend.
In Kasachstan haben wir das erstmal auf unseren Reisen wirkliche Einsamkeit erlebt. Wenn wir abends in die Steppe zum Übernachten gefahren sind, eine Piste ans Kaspische Meer oder in die Wüste, kam nicht doch noch ein Hirte vorbei oder sonst wer um die Ecke gebogen. Dieses Land ist stellenweise einfach nicht besiedelt. Die Pferde, Kühe, Kamele und Dromedare ziehen alleine durch die Steppen. Nur bei Ziegen und Schafherden, welche aber bisher sehr selten sind, ziehen Hirten mit umher.  

Den Abschiedstag von Mangyschlak verbrachten wir am Kaspischen Meer mit einem erfrischenden Bad in selbigem. Ein wunderschöner Strand für uns alleine, dachten wir. Aber bei einem Streifzug entlang des Strandes und der Peripherie zeigte sich das dieser auch bei Schlangen sehr beliebt war. Zwei habe ich gesehen, ansonsten jede Menge spuren. Offensichtlich hatten die Schlangen aber einen anderen Strandabschnitt als wir gebucht. Direkt bei uns, kam keine vorbeigeschlängelt.


Am nächsten Tag machten wir uns auf in Nördlicher Richtung nach Beyneu. Dort wollten wir Bianka und Timo wieder treffen.  Die letzten 7-Tage hatte jeder für sich die Halbinsel Mangyschlak erkundet.
180 km vor Beineu legten wir auf einem Parkplatz einen Stop ein. Ich fuhr auf eine der  Rampen welche hier an den meisten Parkplätzen stehen. Ziel war die Ölstände bei den zahlreich verbauten Getrieben am Duro zu kontrollieren. Bei dieser Gelegenheit entdeckte ich eine abgerissene/abgebrochene Schraube. Nicht irgendeine, nein eine sehr wichtige. Die Schraube welche den rechten Stoßdämpfer, genauer gesagt das MacPherson-Federbein auf der rechten Seite der Vorderachse befestigt, steckte ohne Mutter im Federbein. Was ein MacPherson-Federbein ist, muß und will ich hier nicht erklären. Das können andere viel besser.
Das schöne  an dieser Aktion war, das plötzlich Elke und Andy neben uns anhielten. Die beiden hatten wir in Tiflis zusammen mit Timo und Bianca getroffen. Trotz Unterstützung der Beiden gelang es nicht die Schraube auszutauschen. Ich beschloß  nach Beyneu weiterzufahren und dort eine LKW Werkstatt aufzusuchen. Also verabschiedeten wir uns von den Beiden und fuhren weiter. Elke und Andy fahren übrigens die gleiche Route wie wir.


Am nächsten Tag suchten wir in Beyneu zwei Werkstätten auf, doch keine konnte uns weiterhelfen.  Zu allem Überfluss hatten wir auch unser Datenvolumen aufgebraucht und konnten keinen Kontakt zu Bianca und Timo aufnehmen. Wir wollten uns hier treffen und am nächsten Tag in Usbekistan einreisen. Mit dieser halben Schraube konnten und wollten wir nicht weiterfahren, also versuchten wir es noch einmal selbst. Wir stellten uns an eine große Kreuzung vor Beyneu und fingen an zu schrauben. Hier an dieser Kreuzung mussten Bianca und Timo vorbeikommen auf Ihrem Weg von Mangyschlak oder auf dem Weg zur Usbekischen Grenze. Die ersten, die Vorbeikamen waren Andy und Elke. Also unternahmen wir gemeinsam den zweiten Versuch diese ach so wichtige Schraube auszutauschen. Wir gaben unser bestes, aber diese Schraube bewegte sich keinen Millimeter. Zwei Imbusseinsätze für die Ratsche brachen wir ab, wobei die zweite eine geliehene der benachbarten Werkstatt unweit der Kreuzung war. Peinlich, peinlich!! Irgendwann kam dann der Werkstadt Besitzer um zu schauen was die Dilettanten da so veranstalten. Kurzer Blick auf den Übeltäter. Auf die Schraube! Nicht auf mich. Ein Lächeln, allwissender Blick mit erhobenem Zeigefinger in die Runde und dann ging es los. Oder richtiger ausgedrückt, von da an flogen die Fetzen. Er suchte sich sofort den größten Hammer aus welches mein Werkzeug Arsenal zur verfügung stellt, nimmt einen Meißel und drischt wie wild auf den Schraubenkopf ein. Pünktlich zur Eröffnung des Konzertes: Hammer(ca.500g) mit Meißel auf Schraubenkopf 12.9,  gesellen sich dann auch Timo und Bianca dazu. Schier Sprachlos und meinerseits etwas Schockiert verfolgen wir den ersten Satz der Hammersinfonie.  Höhepunkte dieser Darbietung waren herumfliegende Meißel und Senkstifte. Während die monotonen, gleichbleibenden Hammerschläge sehr an die gleichbleibende Monotonie der Kasachischen Steppe erinnerten, so stiegen bei den umherfliegenden Meißeln und Senkstiften doch sofort Bilder, frei umher galoppierender Pferde in selbiger auf. Und eines dieser frei gallopierenden Pferde fügte unserem Hammervirtuosen eine klaffende  Wunde am Unterarm zu. Dies markierte den Höhepunkt und gleichzeitigen Abschluß des ersten Satzes der Hammersinfonie. Die Wunde des Künstlers wurde sofort Fachgerecht versorgt, wobei beim anlegen des Verbandes natürlich darauf geachtet wurde die Bewegungsfreiheit des Hammerarmes nicht einzuschränken. In der Pause wurden von Bianka Schnittchen gereicht und Andy bot Bayrisches Bier an. Da mir der Kopf aber schon vom ersten Satz der Hammersinfonie dröhnte, lehnte ich das Bier ab. Der Zweite Satz der Kasachischen Hammersinfonie wurde dann vierhändig dargeboten. Zu den nun beiden Künstlern sei gesagt und darauf legten sie größten Wert, das es sich um zwei Usbeken handelte welche in Kasachstan leben. Im zweiten Satz wurde der 500g Hammer gegen einen 5000g Hammer ausgetauscht welcher ausschließlich zweihändig zu spielen war. Gleich zu beginn des Zweiten Satzes fiel der Kopf der 12.9 er Schraube, was mit einer etwas längeren Pause, einem hörbaren Aufatmen und dem Zeigen der Trophäe in die Aufführung integriert wurde. Nun änderte sich die Spielrichtung von oben nach unten in rechts nach links. Es wurde improvisiert was das Zeug hielt. Diverse Nüsse und Knarrenverlängerungen  aus meinem Fundus wurden zu Schlaginstrumenten umgewidmet, mit dem Ergebnis das nun ein paar Lücken in meinem Knarrenkasten klaffen. Was opfert man nicht alles für die Kunst!! Aber der Zweite Satz wollte einfach kein Ende nehmen. Der verbliebene Rest der Schraube bewegte sich keinesfalls im Takt, welche unseren beiden Usbekischen Hammervirtuosen vorgaben. Irgendwann verabschiedeten sich dann Andy und Elke um einen Übernachtungsplatz vor der Usbekischen Grenze aufzusuchen. Auch Timo und Bianka schlugen sich dann irgendwann in die Steppe. Als es dunkel wurde unterbrachen dann auch unsere Usbekischen Freunde ihre Darbietung. Clarissa und ich verbrachten die Nacht im aufgebockten Duro neben der Kreuzung. Eher der Platz für eine Verkehrszählung als für ein entspanntes Campen. Am nächsten Morgen beschloss ich der Fortsetzung des Hammerkonzertes eine musikalische Wende zu geben. Das Finale sollte durch Streicher seinen Abschluss finden. Ich packte meine Eisesägeblätter aus und begann zwischen Stoßdämpferauge und Befestigungslasche auf der noch immer fest sitzenden 12.9er Schraube zu streichen. Dieses gemischte Streichkonzewrt vorgetragen von zwei Usbeken und einem Deutschen fand seinen Höhepunkt als beim Einsatz des 10ten Sägeblattes die Schraube durchtrennt war. Dann ging alles recht schnell. Der Stoßdämpfer wurde ausgebaut und der Rest der Schraube ausgepresst. Wobei die selbstgebaute Presse der beiden Usbeken schon an ihre Grenzen kam. Der Einbau war dann schnell erledigt. Abschied und ein paar Fotos mit unseren Usbekischen Hammervirtuosen, dann  konnte es weitergehen. 

Zusammen mit Timo und Bianca fuhren wir zur Kasachisch-Usbekischen Grenze. Auf Kasachischer Seite wurde wesentlich  strenger kontrolliert als bei der Einreise. Dafür war es bei den Usbeken entgegen unserer Erwartung sehr locker. Nach 3 Std. Standen wir dann hinter den Grenzanlagen auf der Usbekischem Seite. 


 
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